Warum es besser ist, nicht perfekt zu sein

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Warum es besser ist, nicht perfekt zu sein

Warum es besser ist, nicht perfekt zu sein 800 532 Felix Thönnessen

Was bewegt uns alle am 14. Februar eines jeden Jahres zum meist kurzfristigen Blumenkauf? Folgen wir hier einer Erwartung oder wollen wir vielleicht einfach nur nicht aus der Reihe tanzen? Und was hat das Alles mit der Gründung eines Start-ups zu tun? Das will ich dir natürlich verraten – heute geht es um das Thema Perfektion.

„Wollen rote Rose kaufen?“

Stellen wir uns einmal vor, wir stünden im Blumenladen und vor uns ein großer Eimer voller, wunderschöner, roter Rosen. Eine Blume rechts außen hätte eine ganz besondere Blüte. Die sticht einem sofort ins Auge. Die Ränder ihrer Blütenblätter schimmern ein wenig orange. Dadurch ist sie natürlich nicht so perfekt wie die anderen samtig roten Exemplare. Welche Blume würdest du für deine Liebste oder deinen Liebsten (wir nehmen einmal an, er freut sich auch über Blumen) nehmen? Ich bin mir ziemlich sicher, fast jeder greift zu den vollkommenen, roten Rosen. Die besondere, etwas andere Rose mit ihren orangen Nuancen bleibt bis zum Ende des Tages im Laden und landet mit Glück noch in einem Strauß mit viel grünem Beiwerk. Zumindest, wenn die Blumenhandlung geschäftstüchtig ist.

Warum wollen wir denn fast alle die perfekte, rote Rose verschenken? Ganz sicher nicht, weil die Natur uns diese Exemplare nur so zeigt. Es geht doch hier um Anspruch und Erwartungen. Natürlich möchte man seinem Partner sagen „ich habe die perfekte Rose für dich gekauft.“ Aber ist das nicht vielmehr der eigene Anspruch und ggfs. die Angst, etwas nicht richtig zu machen. Vielleicht hätte unser Gegenüber doch gesagt, dass die Rose mit den orangenen Kanten aber besonders außergewöhnlich ist. Oder hätte der- oder diejenige es nicht gedacht und gesagt, hättest du doch eine wunderbare Geschichte dazu erzählen können. Nämlich, dass diese besondere Blume so ist, wie die Person, der du sie schenken möchtest. Eben nicht rot, wie alle anderen, sondern eine besondere Mischung mit einzigartigen Highlights. Worüber hättest du dich denn mehr gefreut? Eine perfekte rote Rose zu sein – wie alle anderen auch – oder die einzigartige Kombination aus Orange und Rot?

„Das Bessere ist der Feind des Guten“
Aber was treibt so Viele von uns an, perfekt sein zu wollen und wo kann uns das eher im Wege stehen? Wenn wir perfekt sein wollen, dann haben wir meist Angst vor Kritik und davor, zu versagen. Wir wollen Anerkennung dafür ernten, etwas vermeintlich perfekt gemacht zu haben. Man möchte fehlerlos sein. Aber klar ist, das kann keiner erreichen. Menschen sind nie fehlerlos. Und ich persönlich glaube auch, das sollte keiner erreichen wollen. Ich rufe natürlich nicht zur Fehlerhaftigkeit auf, eher zu der Erkenntnis, dass jeder Mensch Fehler machen darf und trotzdem ein guter Mensch ist und bleibt.

Aber wir werden ja bereits in jungen Jahren darauf getrimmt, möglichst fehlerlos unsere Aufgaben zu erfüllen. Eine 1 bekommt man in der Schule eben nur, wenn man auch wirklich alles richtiggemacht hat. Und was bringt einem das für das spätere Leben? Ich würde mal sagen: Nichts! Wenn man nicht gerade hochbegabt ist, dann kostet dieses Streben nach Fehlerlosigkeit eher sehr viel Energie. Man muss viel lernen und sich extrem konzentrieren. Immer! Sonst könnte man ja einen Fehler machen.

Mir geht es hier nicht darum, die Schlampigkeit hochzuhalten, aber es geht mir um das richtige Maß. Ich selbst habe in meinem Leben einige Dinge nicht immer richtiggemacht und mache immer wieder Fehler. Jeden Tag gibt es viele Möglichkeiten, das Falsche zu tun oder etwas falsch zu machen.

Aber eigentlich habe ich bisher immer am meisten aus meinen Fehltritten gelernt. Denn die können einem so manches Mal eine neue Richtung weisen. Wenn ich immerzu perfekt sein wollte, dann folge ich einem strengen Regiment und Pfad. Ich bin unfrei und wenig intuitiv, in meinem Tun und meinen Gedanken. Jedoch braucht doch gerade eine verrückte Idee eine Art Mut zur Lücke.

Die perfekte Idee

Es gibt Menschen, die ihr Leben lang nach der perfekten Idee suchen. Und meistens werden diese Personen nie mit einem Produkt an den Markt gehen. Ich beobachte dies immer wieder bei den Start-ups, die ich betreue. Das, was diese Menschen meist antreibt ist ihre vollendete, eigene Vision. Diese Vorstellung ist etwas sehr Wertvolles. Verstehe mich da nicht falsch. Aber für das wirklich meisterhafte Produkt brauche ich fast immer auch eine Menge Geld – das, was ich gerade am Anfang nicht habe. Also muss ich doch wie mit einer Art „Salami-Taktik“ vorangehen und Scheibe für Scheibe meiner genialen Idee näherkommen. Besonders bei Gründern, die perfektionistisch veranlagt sind, merke ich immer wieder, wie schwer es denjenigen fällt, in diesen Schritten zu denken und sich nicht in ihren Details zu verlieren. Es geht ja nicht darum, diese wunderschöne Idee aufzugeben. Es geht vielmehr darum sie irgendwann in die Tat umzusetzen. Aber wenn man zu perfekt an die Sache herangeht, dann geht einem entweder das Geld oder die Puste aus.
Denn Perfektion ist immer eine Art von Stagnation und Hemmnis.

„Eine gute Methode, der du folgst ist besser, als ein perfekter Plan, den du abbrichst.“ (Ryan Andrews)
In Gesprächen mit Gründern versuche ich deshalb immer wieder herauszuarbeiten, was wirklich für die ersten Schritte – die kleinen ersten Salamistücke – notwendig ist. Dabei geht es darum, in jedem Bereich eine Entscheidung zu treffen, wie viel Einsatz man bringen möchte und kann und wann der Aufwand in eine Sache den Ertrag wirklich noch rechtfertigt. Was nützt ein perfektes Webseitendesign, wenn keiner auf die Seite kommt, weil ich mir über das Marketing keine Gedanken gemacht habe oder mir bis dahin das Geld ausgegangen ist. Oder was bringt mir eine perfekte Prototyphaptik, wenn keiner mein Produkt je anfassen wird, weil es in dieser Art keiner profitabel produzieren kann. Die Perfektion (man beachte, dass es ein feminines Wort ist – natürlich ohne Wertung) lähmt mich an manchen Stellen, sie verhindert den manchmal so nötigen Pragmatismus und verbraucht teilweise auch Energie für die falsche Sache.
Natürlich muss jede Idee zu einer Art Reife gelangen. Und der Grad an Qualität darf auch nicht so minderwertig sein, dass es der Marke oder sogar dem eigentlichen Nutzen schadet. Es geht wie bei Vielem im Leben um die richtige Balance.

Der perfekte Gründer

Ich kann nicht nur als Start-up Coach, sondern auch in der Rolle des Investors sagen, dass Perfektion bei Gründern sogar ein Grund sein kann, dass man in sie nicht investiert. Natürlich steht meist die Idee an sich im Mittelpunkt, aber mindestens genauso wichtig sind die Personen, die hinter dieser Sache stehen. Denn die sind diejenigen, die für diese Idee arbeiten werden und mit denen man selbst ggfs. sogar arbeiten wird.

Menschen, die nach Perfektion streben, machen keine Fehler, könnte man meinen. Das ist doch eigentlich ziemlich gut, aber genauso falsch gedacht. Denn genauso sind solche Gründer, die stets tadellos sein wollen, weniger kritikfähig, öfter gestresst, weil sie sich in Details verlieren und haben auch sehr hohe Ansprüche an andere. Sie tun sich schwer damit, sich auf Erfolge zu konzentrieren und schauen oft nur auf die Fehler. Das kann nicht nur für einen Investor oder einen Berater anstrengend sein, sondern den Gründern selbst auch ein großes Hindernis. Kritik positiv von erfahrenen Menschen anzunehmen ist sehr wichtig, um gerade als Start-up die richtigen Schritte zu gehen. Und zwar in einem Maße, dass man sich nicht selbst von der Kritik angegriffen fühlt. Denn am Ende geht es ja nicht darum, jemanden nieder zu machen, sondern ihm den richtigen Weg aufzuzeigen. Einem Menschen, der seinen eigenen Wert und seine Selbstachtung aber mit seiner 100%igen Performance und Leistung verbindet, wird es schwerfallen, Kritik nicht persönlich zu verstehen. Das kann ihn darin hemmen, mit voller Energie die richtigen Wege zu gehen, weil er viel zu sehr damit beschäftigt ist, sich über die vermeintliche Kritik zu ärgern.

Genauso sind die kleinen Erfolgsmomente die Kraftgeber, die einem immer wieder Energie schenken, weiter zu machen und an die eigene Idee zu glauben. Wenn man aber, anstatt diese kleinen Erfolge stolz zu wertschätzen, auch hier nur die möglichen Fehler in den Fokus rückt, verliert man selbst irgendwann die Kraft und den Spaß. Das ist das Todesurteil für jede Idee.

Zu guter Letzt sind allzu perfekte Menschen auch die schlechteren Führungskräfte. In einem wachsenden Start-up kommen irgendwann auch die ersten Mitarbeiter. Diese brauchen dann eine Leitfigur, die motivieren kann und die jeweiligen Personen dort einsetzt, wo diese ihre Stärken haben. Menschen, die perfekt sein wollen und meinen, jeder müsste perfekt sein, erwarten genau das aber von anderen. Und das geht leider oft nach hinten los. Es ist doch gerade das spannende, die Schwächen eines Menschen anzunehmen und den Fokus auf die Stärken zu legen, um diese dann weiter zu fördern – das macht für mich gute Führung aus. Toleranz und die Erkenntnis, dass niemand perfekt ist, aber dass jeder etwas richtig gut kann, was dann besonders wertvoll ist.

Vom Märtyrer zum Liebesboten

Kommen wir an diesem besonderen Tag aber zurück zu unseren roten Rosen und dem vergangenen Valentinstag. Denn es ist ein wundervoller Abschluss, der beweist, dass manchmal gerade ungeplante, nicht perfekt durchdachte Zufälle die schönsten Geschichten schreiben.

Hast du dich jemals gefragt, warum der Valentinstag der Tag der Liebenden ist und warum gerade Valentin damit etwas zu tun hatte? Bisher kam mir auch noch nie diese Frage, aber bei all den Rosenkäufern vor mir, muss ich der echten Wahrheit doch auf den Grund gehen. Wen könnte ich besser befragen als Meister Google? Und interessanterweise spuckt die Suchmaschine mir Folgendes aus:

„Der heilige Valentin war ein italienischer Bischof und Märtyrer. Warum er zum Patron glücklicher Zweisamkeit erkoren wurde, lässt sich historisch nicht sauber klären. Überhaupt: Um das Leben von Valentin ranken sich mehr Fragen und Spekulationen als gesicherte Antworten. Das Gedenken des Tages gilt vielleicht dem Valentin, der im dritten Jahrhundert als Bischof von Terni in Umbrien amtierte und um das Jahr 268 in Rom als Märtyrer starb. Direkte Quellen zu Valentins Leben gibt es aber nicht; seine Existenz wird nur von späteren, unzuverlässigen Berichten angenommen.“

Wahnsinn, stell dir das mal vor. An Valentin ist eigentlich gar nichts wirklich perfekt und dennoch prägt er nicht nur einen ganzen Tag, sondern verhilft sogar der gesamten Blumenindustrie jeden Februar zu Rekorderträgen.

Also, bevor ich gleich an der Reihe bin und eine Rose kaufe – natürlich eine, die einen vermeintlichen, aber umso wundervolleren Makel aufweist – fasse ich noch einmal zusammen:

Siehe in der Andersartigkeit nicht einen Fehler, sondern erkenne das Einzigartige darin. Denn das fördert deine Phantasie und macht dich frei im Kopf. Das gilt für Dinge genauso wie für dich als Mensch. Strebe selbst keine ständige Perfektion an, sondern lerne loszulassen und die Dinge pragmatisch zu lösen und voranzutreiben. Menschen mit ihren eigenen kleinen Lastern sind doch gerade interessant und spannend. Eine perfekt wirkende Person schreckt tatsächlich doch irgendwie ab. Erwarte genauso wenig von anderen, dass sie perfekt sein müssen. Das erzeugt nicht nur einen enormen Druck, sondern führt irgendwann dazu, dass du Alles alleine machst, weil ja nur du es perfekt machen kannst. Und ich denke, du wirst dann auch alleine sein, weil keiner deinen Ansprüchen gerecht wird. Schließlich denke auch immer daran, wie schön es sein kann, einem anderen Raum für Ideen, Änderungen und nett gemeinte Kritik zu geben. Das tut dir nicht weh, aber gibt dem anderen ein wohliges Gefühl, gebraucht zu werden und einen Mehrwert leisten zu können.

Als Keynote Speaker habe ich auch nicht gleich vor 10000 Menschen gesprochen, das braucht eben seine Zeit. Nimm dir diese Zeit.

Bleib motiviert und im richtigen Maße unperfekt.

Felix

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