Unternehmensgründung: Allein oder mit einem Mitgründer?

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Unternehmensgründung: Allein oder mit einem Mitgründer?

Unternehmensgründung: Allein oder mit einem Mitgründer? 2000 1333 Felix Thönnessen

Ein Gastartikel von Marcel Kaffenberger

Eine aktuelle Analyse des Global Startup Ecosystem Report 2019 mit ca. 34.000 Unternehmensdaten ergab: Nur eine von 12 Gründungen verläuft erfolgreich. Warum? In der Frühphase liegen die Ursachen nicht nur im Geschäftsmodell, Wettbewerb und dem richtigen Zeitpunkt des Markteintritts, sondern in mehr als 80% der Fälle im Gründerteam selbst. Nicht mangelndes Know-how oder unzureichende Kompetenzen sind dabei die wesentlichsten Gründe, sondern verschiedene Visionen der Gründer/innen, hohe Stressbelastung, unterschiedliche Werte und Motive und daraus resultierende Konflikte.

Bei einer Existenzgründung stellt sich die Frage: Möchte ich lieber allein oder im Team gründen? Wo finde ich den für mich passenden Mitgründer? Nach meiner Erfahrung erfolgt die Antwort auf diese Frage und die Auswahl des Gründungspartners oft unreflektiert und passiv. Die Gründer/innen fragen sich viel zu selten, was sie selbst zum optimalen, erfolgreichen und motivierten Arbeiten brauchen, sondern wählen oft ihre Mitgründer innerhalb ihres Freundes- und Bekanntenkreises. Oft formiert sich so ein Gründerteam aus Schul- oder Studienfreunden. Ob Werte, Ziele, Motive und Kompetenzen passen und optimal verteilt sind, wird nur selten oder (zu) spät geprüft.

Für viele Gründer ist offenbar unausgesprochen klar, dass alle in dieselbe Richtung rennen, doch ist dies erschreckend häufig in der Realität nicht der Fall. Träumt der eine vielleicht vom lukrativen Exit nach 3 Jahren, plant der andere gedanklich schon die Firmenübergabe an die eigenen Kinder. Nicht selten bleibt so der gewünschte Erfolg aus, es kommt zu Konflikten oder sogar zu einer Misstrauenskultur.

Das Ergebnis von Studien, Recherchen, Analysen und Erfahrungen erfolgreicher Start-ups ist: Persönlichkeiten, nicht Fähigkeiten entscheiden in erster Linie über unternehmerischen Erfolg. Entscheidend für den unternehmerischen Erfolg ist, dass die Fähigkeiten, Motive und Talenten zu den beruflichen Aufgaben passen. Ein nur mittelmäßiges Gründerteam mit großartiger Geschäftsidee ist nicht zwingend erfolgreich. Dagegen setzt ein Spitzenteam auch ein mittelmäßiges Geschäftsmodell meist erfolgreich um. Führenden Investoren zufolge haben über 90% der weltweit erfolgreichsten Startups eine radikale strategische Änderung des Geschäftsmodells (Pivot) vorgenommen.

Welcher Gründertyp bist du?

Mögen Gründerpersönlichkeiten von Natur aus unterschiedlich sein, so sind sie doch durch eine Frage vereint: Wie wird meine Unternehmensgründung erfolgreich?

Die meisten Gründer denken zu wenig darüber nach, wer sie sind, welche besonderen Potenziale sie haben, was sie genau wollen und wie sie sich konkret von anderen unterscheiden. Dabei liegen genau hier der Erfolg und die Kraft, die man für eine Unternehmensgründung braucht.

Wikipedia definiert den Begriff Erfolg als „Erreichen selbst gesetzter Ziele“. Ein Gründer sollte sich vorab folgende zentrale Fragen stellen:

– Warum mache ich mich selbstständig, warum/wofür ist meine Arbeit wichtig?

– Wie möchte ich meine Arbeit und meinen Arbeitsalltag gestalten?

– Was möchte ich konkret machen, um meine Ziele zu erreichen?

  • Was möchte ich als Gründer/in und in meinem Leben erreichen und wie viel davon?
  • Wie viel Privatleben brauche ich, wie viel Belastung will und kann ich leben?
  • Welche Motive und Werte treiben mich an?
  • Habe ich ein Umfeld, das mich unterstützt und meinem Vorhaben bestärkt?
  • Traue ich mir zu, alle Facetten der Unternehmensgründung abzudecken?
  • Kann ich gut mit Risiko und Ungewissheit umgehen?
  • Bin ich an eigenverantwortliches Arbeiten gewöhnt?
  • Arbeite ich auch alleine motiviert und diszipliniert?
  • Arbeite ich am besten allein oder im Team?
  • Ist für die Realisierung meiner Geschäftsidee Know-How und/oder Kapital eines Gründungspartners notwendig?
  • Welche meiner Schwächen sollte ein Gründungspartner ausgleichen?
  • Wo möchte ich in 3 bis 5 Jahren mit meinem Startup stehen?

1. Gründerpersönlichkeit

Die Gründerpersönlichkeit kann professionell mit dafür entwickelten Analyse-Tools erfasst werden, zum Beispiel mit der renommierten Reiss Motivation Profile® Analyse nach Prof. Dr. Steven Reiss. Seine langjährigen Forschungen haben ergeben, dass alle Menschen 16 gleiche Lebensmotive haben, allerdings in unterschiedlichsten Ausprägungen. Die 16 Lebensmotive sind im Erwachsenenalter weitgehend stabil und kaum veränderbar. Glück und Erfolg sind demnach „Abfallprodukte“ gelebter Motive.

Schätze dich hier einmal selbst ein, welche Motive und inneren Antreiber für dich in welcher Ausprägung wichtig sind:

Macht (Streben nach Erfolg, Leistung, Führung, Ehrgeiz, Verantwortung, Einfluss).

Unabhängigkeit (Streben nach Freiheit, Selbstgenügsamkeit, Selbstbestimmung, Autarkie).

Neugier (Streben nach Wissen, Wahrheit, Erkenntnis, Hinterfragen, intellektueller Auseinandersetzung).

Anerkennung (Streben nach sozialer Akzeptanz und Anerkennung, nach Zugehörigkeit, positivem Selbstwert).

Ordnung (Streben nach Stabilität, Klarheit, Vorhersehbarkeit, Sicherheit, Beständigkeit, guter Organisation).

Beziehungen (Streben nach Freundschaft, Kontakten, Geselligkeit, Kontakthäufigkeit, Humor, Gemeinschaften).

Status (Streben nach Prestige, nach Reichtum, Titeln, öffentlicher Aufmerksamkeit).

Rache / Wettkampf (Streben nach Konkurrenz, Wettbewerb, sich Messen, Kampf, Aggressivität, Vergeltung).

Emotionale Ruhe (Streben nach Entspannung, emotionaler Sicherheit, Ruhe, Regeneration, Risikomeidung).

Hast du bereits einen Mitgründer, lasse sie oder ihn sich ebenfalls selbst einschätzen und dann solltet ihr jeweils selbst euren Gründungspartner einschätzen. Am Ende gleicht ihr die vier Ergebnisse miteinander ab.

 

2. Gründungspartner

Ob eine Gründung alleine oder lieber im Team sinnvoll ist, sollte zu Beginn der Selbstständigkeit bewusst entschieden werden. Je nach Gründertypus gibt es auch Alternativen zu einem Mitgründer, beispielsweise die Möglichkeit einer Bürogemeinschaft, Kooperationen usw.

Gründer brauchen ein gemeinsames Warum, ein kraftvolles Wofür, ein sinnvolles Ziel ihrer Arbeit. Zu häufig ist es gelebte Praxis, dass zwischen den Gründern diverse Konflikte bestehen und die Gründer auf unterschiedliche Ziele hinarbeiten. Eine falsche Gründer-Konstellation hat gravierende, negative Auswirkungen auf Motivation, Betriebsklima, Unternehmenskultur, Mitarbeiter, Führungsverhalten und Erfolg und führt nicht selten zu schnellem Austausch der Führungspersonen oder last but not least zu einer Geschäftsaufgabe.

Wenn sich die Gründungspartner gefunden haben, ist eine passgenaue Team-Zusammenstellung von besonderer Bedeutung. Dazu gehört größtmögliche Übereinstimmung in den grundlegenden Zielen für das Startup, in den persönlichen Werten, Motiven und Visionen. Stärken und Schwächen der Teammitglieder müssen sich ergänzen. Anders gesagt: Wer erfolgreich gründen möchte, braucht ein Team, in dem sich kreatives Denken und ein gesunder Pragmatismus vereinen, verbunden durch starke, gemeinsame Ziel- und Zweckorientierung und komplementär verteilte Kompetenzen und klar zugeordneten Verantwortungsbereichen.

Was aber, wenn man keinen Gründungspartner hat oder kennt? Hierbei gibt es unterschiedliche Wege und Möglichkeiten, von denen ich hier einige stichpunktartig nenne:

– Existenzgründermessen

– Networking-Veranstaltungen

– Existenzgründerseminare

– Stammtische für Gründer

– Gründerwettbewerbe

– Business Angels

– XING, Facebook, LinkedIn etc.

– spezielle Portale für die Suche nach Gründungspartnern

3. Team-Match

Unternehmensgründungen sind oft gerade in der Gründungsphase häufig sehr emotional und euphorisch. Diese Kräfte sind im Hinblick auf Erfolg und Motivation nicht zu unterschätzen. Aber Sympathie, rationale Analyse und Abwägung sollten bei der Wahl des richtigen Mitgründers nicht fehlen: Stimmen Persönlichkeit, Ziele und Werte überein? Ergänzen sich die Gründer fachlich? Glauben beide gleichermaßen an die Realisierung der Geschäftsidee? Besteht grundsätzliche Einigkeit darüber, wer welchen Aufgabenbereich übernimmt und wer die Funktion des CEO innehaben soll?

Wie wichtig es ist, mit gemeinsamen Denkweisen und Zielen zu arbeiten, lässt sich gar nicht oft genug betonen. Denn: Was nützen die besten Einzelspieler, wenn sie in einer Mannschaft nicht optimal zusammenspielen?

Wenn persönliche Gespräche diese Fragen nicht klären können, ist eine professionelle Gründeranalyse ratsam.

Erfolgreiche Teamführung

Startups gliedern sich immer mehr in sich selbst organisierende Teams, die stark von intrinsischen Motiven angetrieben werden, z.B. Ehre, Anerkennung, Wissbegierde, Einfluss, Freiheit, Verbundenheit, Ordnung, Sinnerfüllung, Status, Perfektionierung usw. Nur, wer sich selbst wirklich kennt, kann gut führen, und zwar aufgrund der Kraft seiner Persönlichkeit. Fremd- und Selbstbetrug fliegen irgendwann auf. Wer weiß, was ihn antreibt, kann authentisch führen. Motiviert sind wir, wenn unsere intrinsischen Motive angesprochen werden, die zum Job, Team, zu den Anforderungen, der Unternehmenskultur usw. passen. Als Gründer/in müssen wir zwingend unser eigenes Persönlichkeits- und Motivationsprofil kennen. So können wir unsere Stärken ausspielen und unsere Schwächen managen.

Viele Unternehmen in Deutschland werden überwiegend funktional geführt. Mitarbeiter werden vor allem nach ihren Fähigkeiten eingesetzt, die Persönlichkeit selbst ist sekundär. In Bewerbungsgesprächen liegt der Fokus auf dem, was die Person kann, und weniger, wer sie ist und was sie antreibt. Unternehmen und Personalverantwortliche verstecken sich dann oft hinter Standards. Doch Menschen lassen sich nicht standardisieren. Und wenn Menschen in vorgefertigte Schubladen gepresst werden und ein abstraktes Soll standardisiert ausfüllen sollen, werden sie unglücklich und unproduktiv. Dabei gehen seriöse Schätzungen davon aus, dass jährlich ein Schaden in Milliardenhöhe aufgrund von demotivierten Mitarbeitern entsteht – Langeweile, Über- oder Unterforderung, Unzufriedenheit, gesundheitliche Störungen, Intrigen, Burnout… Doch motivierte Mitarbeiter erhöhen die Produktivität. Und diese Erkenntnis ist insbesondere bei der Unternehmensgründung wichtig.

Teamrollen-Modell nach Meredith Belbin

Der Sozialwissenschaftler Meredith Belbin hat ein Rollenmodell entwickelt, nach dem Teammitglieder drei Bereiche abdecken sollten:

1. Einer muss kommunikationsorientiert sein,

2. ein anderer muss wissensorientiert sein,

3. ein dritter muss handlungsorientiert sein.

Diese drei Bereiche unterteilen sich in folgende neun Rollen:

KOMMUNIKATIONSORIENTIERT

a. Teamworker – empathischer Diplomat, hält alles zusammen, meist eher unentschlossen und entscheidungsschwach.

b. Koordinator – weiß, wer welche Aufgaben bekommen muss, um zu Lösungen zu kommen. Kommunikativ, diplomatisch, motiviert die Kollegen und ist beliebt. Eher Top-Down-Verhalten, d.h. vom Ziel ausgehend zur Planung.

c. Weichensteller- Wegbereiter und Weichensteller mit den Kontakten nach außen. Tendenziell neugierig und schnell gelangweilt und weniger fokussiert.

WISSENSORIENTIERT

d. Beobachter – tendenziell urteilsstark. Analysiert, steht eher außen vor und hat dadurch alle Optionen im Blick, ist wenig kommunikativ. Oft sehr starker Fokus mit der Folge, dass vom Fokus entfernte Dinge nicht immer begeistern. Gutes Urteilsvermögen, behält den Überblick, ist konzentriert und analytisch.

e. Spezialist – Experte, hohes Fachwissen, brennt für sein Thema. Ist interessiert, erklärt und teilt sein Wissen gern und ist engagiert im Thema. Tendenziell besteht die Gefahr, dass sich diese Person im Detail verliert.

f. Erfinder – kreativer Querdenker, findet konstruktive, innovative Lösungen und Wege aus der Sackgasse. Tendenziell kritikempfindlich und sehr von sich und seinen Ideen überzeugt.

HANDLUNGSORIENTIERT

g. Macher – strukturierter Umsetzer, tut, was getan werden muss. Scheut sich tendenziell vor Unbekanntem und neuen Wegen.

h. Umsetzer – der Perfektionist, hält sich an Timings und Deadlines. Organisiert gern, ist verlässlich und diszipliniert, sorgt für Strukturen und Konzepte. Tendenziell sehr kontrolliert und kontrollierend und daher manchmal zögerlich und unflexibel.

i. Perfektionist – übernimmt die Qualitätskontrolle, achtet auf Termine und Fristen, vermeidet Fehler, ist verlässlich. Gibt ungern Aufgaben ab, kontrolliert zu oft, ist u.U. ängstlich.

Natürlich muss das perfekte Team nicht aus 9 Personen und Positionen bestehen. Dennoch lohnt sich ein Blick auf die Verteilung und Integration der drei Kernbereiche Kommunikation, Wissen, Handlung. Die Qualität des Teams zeigt sich dabei vor allem an ihrer Integrationsfähigkeit.

Marcel

KAFFENBERGER

Web: Reiss Motivation Profile® Analyse

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